Es ist ja schön, dass man an deutschen Banken heutzutage im Prinzip online ein Sparkonto eröffnen kann. Aber am Schluss ist der Vorgang, der einschließlich aller Sicherheitschecks innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen sein könnte, dann doch nicht so flink erledigt, sondern versackt auf zweimaligem Postweg und braucht eine gute Woche. All das, weil trotz bester digitaler Ansätze immer noch an veralteten analogen Strukturen festgehalten wird, die an anderer Stelle im selben Prozess längst ohne negative Auswirkungen ausgeräumt worden sind.
Hier also die Dokumentation des Versuchs, online ein Tagesgeldkonto anzulegen. … Aus Datenschutz-Erwägungen für mich und zur Vermeidung von Banking-Shaming nenne ich nicht den Namen des entsprechenden Instituts. Aber ich gehe davon aus, dass mein nachfolgendes Erlebnis exemplarisch für andere Banken ebenso gilt.
Die „richtige“ Bank ist hinreichend schnell gefunden, das Online-Formular mit den Eingabefeldern für Name, Adresse, Telefonnummer (für die späteren TANs fürs Mobile Banking), Steuernummer (Stichwort: Freistellungsauftrag!) uvam. liegt vor mir. Keine Hexerei – alles ausgefüllt. Wunderbar! Ich klicke auf „Weiter“.
Doch nun kommt, was kommen muss: Die Leute von der Bank wollen wissen, dass ich wirklich der bin, der ich vorzugeben behaupte. Mist, ein Lesegerät für meinen RFID-Personalausweis besitze ich bis dato nicht. Aber ich gehe davon aus, dass die Bank diese Identifikation auch nicht unterstützt hätte. Zweimal schade.
Aha – der Königsweg ist immer noch PostIdent. Die alte Methode war, dass ich darauf warte, dass mir die Bank (bzw. anderweitige Stelle, die meine Identität nachgewiesen haben möchte – das kann auch mal ein Mobilfunk-Provider oder ein Streaming-Anbieter mit FSK18-Filmen sein) ein Blatt Papier schickt. Damit gehe ich dann in die nächstbeste Postfiliale, damit der dortige Postbeamte (alternativ gern auch der Dorfkrämer in der Shop-in-Shop-Mini-Post-Filiale im Tante-Emma-Markt im Dorf) meinen Personalausweis kontrolliert. Anschließend geht es auf dem Postwege zurück zur Bank – und kaum eine Woche später weiß die Bank dann, wer ich bin.
Doch juhu: Diesmal geht es schneller. Richtig ist zwar, dass ich auch wieder in die Postfiliale hätte laufen können, nun aber mit einem großformatigen QR-Code (vermutlich anders codiert) – den hätte der Postler dann gescannt und hätte anschließend meinen Ausweis kontrolliert. Immerhin einen Postweg und dessen Laufzeit hätte das eingespart.
Aber es geht heute noch besser: PostIdent per Videochat. Und so sieht das aus:
https://www.youtube.com/watch?v=FTTR-aUlOWQ
Sehr schön – genau das bietet meine neue Bank auch an: Sie schickt mir eine E-Mail mit einem Link darin, dessen Anklicken informiert mich über die geforderte Installation der PostIdent-App auf Smartphone oder Tablet, und schon geht’s los. … Mist, die kryptische Vorgangsnummer muss ich mir noch umständlich aus der URL heraus kopieren, aber immerhin funktioniert’s.
Nach knapp 5 Minuten Wartezeit (dankenswerterweise ohne Warteschleifen-Musik) erreiche ich am frühen Samstag Vormittag eine hilfsbereite Kollegin von PostIdent. Sie erklärt mir, was zu tun ist: Ich halte meinen Personalausweis in verschiedenen Winkeln in die Smartphone-Kamera, sie checkt dabei im Videostream das Vorhandensein der holografischen Sicherheitsmerkmale. Anschließend „fotokopiert“, i.e. abfotografiert sie noch Vorder- und Rückseite meines Persos, abschließend noch einmal mein dazu passendes eigenes Gesicht. Datenabgleich – alles gut. Flugs noch eine TAN aufs Handy, die ich anschließend in die App übernehme – und fertig ist die Laube: Der PostIdent ist erfolgreich abgeschlossen.
PostIdent schickt mir daraufhin unverzüglich eine Bestätigungs-E-Mail – mit dem Angebot, ein Kundenkonto bei ihnen anzulegen. Mit dessen Hilfe kann ich dann anschließend die verschiedenen PostIdent-Überprüfungen (hier also vorerst genau die eine von heute) einsehen – und wenn ich es richtig verstanden habe, lässt sich der heutige PostIdent evtl. bei anderem Anlass vereinfacht wiederverwenden. Gesagt, getan – fertig.
Und so denke ich, dass doch nun bestimmt mittlerweile auch eine E-Mail von der Bank eingetrudelt sein sollte: Schließlich haben sie online den PostIdent in Auftrag gegen, die Post hat den Vorgang im Online-Videochat mit allen nötigen Sicherheitsaspekten mustergültig durchgeführt, hat parallel auch noch meine Handynummer durch TAN-Überprüfung bestätigt —
Eigentlich, eigentlich, müsste die Bank doch nun die Daten digital von PostIdent zurück bekommen, damit der Vorgang der Kontoeröffnung fortgesetzt werden kann. Aber ein entsprechender Link fehlt. Woran hängt es denn jetzt bitte?
Ein kurzer Anruf im Call-Center der Bank ergibt: Nein, die Daten von PostIdent gehen eben nicht digital zurück zur Bank, sondern (festhalten!) auf dem Postweg. Also irgendwann Montag. Oder vielleicht auch Mitte der kommenden Woche. Spätestens Ende nächster Woche ist es dann bei denen in der Bank. Und dann legen die Kollegen vom Back Office auch mein Konto an.
Da schlägt man sich doch vor den Kopf: Die Anmeldemaske wird online ausgefüllt. Der PostIdent passiert online in Echtzeit. Und am Ende muss dann doch wieder ein toter Baum mit Toner beschmutzt und auf dem Landwege durch die Republik transportiert werden, damit schlussendlich ein Bankbeamter die Papier-Hardcopy am Bildschirm mit meinen zuvor bei der Registrierung getätigten Eingaben vergleichen und er dann abschließend sachte auf „OK“ klicken kann?
Schnell noch eine Abschluss-Pointe: Ich meine mich zu erinnern, dass mir die Dame von der Bank-Hotline noch gesagt hat, dass sich an o.a. Klick auf „OK“ noch ein weiterer Postweg anschließt: Nämlich für die schriftliche Zustellung meiner Online-Banking-Zugangsdaten, die vermutlich vom heutigen Samstag an gerechnet Anfang übernächster Woche hier sein dürften, also so in etwa Montag in 8 Tagen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ja, das Anlegen eines Bankkontos könnte trotz fehlendem Personalausweis–Lesegeräts dank PostIdent per VideoChat innerhalb von höchstens einer halben Stunde tutto completto abgeschlossen sein. … So dauert es nun aber doch voraussichtlich eineinhalb Wochen.
Merke: Das Internet ist und bleibt scheinbar in einigen Teilen weiterhin Neuland.
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