Android 2.2 „Froyo“ auf dem Google Nexus One

Nur wenige Tage vergingen zwischen Googles Ankündigung der baldigen Veröffentlichung von Android 2.2 und dem  automatischen Update auf den ersten Exemplaren ihres ureigenen Flaggschiffs Nexus One. In kurz: Alles neu macht der Mai – vieles von dem, was ich an 2.1 zu kritisieren hatte, ist nun schon Geschichte.

Das Update wird an die N1s nach und nach „OTA“ (d.h. „over the air“, also durch Download via Marketplace direkt auf’s Handheld) ausgeliefert. Wer nicht darauf warten will, für den haben findige User die Download-URL des signierten Update-Pakets auf Googles Server aus dem Datenstrom gefischt – mit der 44 MB großen Datei lässt sich das Update mit etwas Handfertigkeit auch manuell anstoßen. Wie das geht, steht zum Beispiel hier.

UPDATE (wörtliches Zitat von Heise.de): Google hat diese Datei inzwischen vom Server entfernt; laut Medienberichten handelt es sich um eine fehlerbehaftete Vorabversion, die nur für Entwickler gedacht war. Tatsächlich berichten einige Anwender von Fehlern wie einer verkürzten Akkulaufzeit.

Hinweise von meiner Seite:

  • Keine Angst, alle installierten Apps und auch alle Benutzerdaten bleiben erhalten.
  • Dem Vernehmen nach gilt: Wer ein gerootetes N1 verwendet, muss es vor dem Update „wipen“, d.h. freiwillig in den Auslieferungszustand versetzen.
  • Verständlich: Der Akkustand muss mindestens 50% betragen, sonst weigert sich der Installer mit einer abstrusen Fehlermeldung.

Was aber hat sich nun getan? Ich zähle am besten ein paar Dinge auf, das ich eigentlich nach und nach als Android 2.1-Mankos „verbloggen“ wollte – das meiste wurde in 2.2 allerdings aus der Welt geschafft.

1. Neue Funktionen und gravierende Bugfixes

A. Datenbetrieb deaktivierbar

Wer sein N1 wirksam daran hindern will, permanent und ungefragt per 2G/3G online zu gehen, kann sich ab sofort Bastellösungen wie APNdroid oder ähnliches schenken: Der Datenbetrieb kann nun einfach ein- und ausgeknipst werden – divenhafte Allüren wie Reboot vor dem mobilen Onlinegang liegen damit ausdrücklich hinter uns.

In meinen Experimenten mit einer Simyo- oder MedionMobile-SIM (beide E-Plus, APN „internet.eplus.de“) funktionierte das absolut zuverlässig. Selbst die widerborstige Klarmobil-SIM (O2, APN „internet“), die beliebige APN-Hostnamen zum Onlinegang akzeptiert, lässt sich wirksam vom APN-Connect abhalten – auch wenn ich hier manchmal ein wenig nachhelfen muss, indem ich auf „Nur 2G-Netzwerke“ und zurück wechsele.

B. Hauptspeicher-Management

Es wurde oft geargwöhnt, dass das N1 zwar über 512 MB Arbeitsspeicher verfügt, von denen aber bis Android 2.1 maximal 130-150 MB für die Anwendungsausführung zur Verfügung standen – wie bei anderen Android-Geräten mit nur 256 MB Speicher.

Dabei handelte es sich dem Vernehmen nach um eine Kernel-Unzulänglichkeit bei der Speicherverwaltung. Mit Android 2.2 bekommen die Apps endlich Luft: Mein N1 mit allerlei installierten Apps kommt nach dem Aufräumen der laufenden Tasks auf knapp die 300 MB freien Speicher.

C. Massenspeicher-Management

Egal, wie viele Gigabyte man in den SD-Kartenslot steckte: Unter Android 2.1 wurden Apps immer auf die 512 MB kleine interne Datenpartition installiert. Diese konnten nur ihre dynamisch nachgeladenen Daten auf der Karte ablegen.

Dies wurde mit Android 2.2 wirksam aufgeweicht: Anwendungen können nun theoretisch auch auf der SD-Karte installiert werden – genauer gesagt in ein Dateisystem, das von einer verschlüsselten Imagedatei gemountet wird, die auf der SD-Karte liegt. Auch nachträglich verschieben kann man Apps vom einen auf den anderen Datenträger – theoretisch.

Praktisch gibt es derzeit aber kaum eine App, die das mitmacht: Eine App muss in ihrem Installer definieren, ob sie unbedingt intern, bevorzugt auf SD oder beliebig installiert werden darf. Für alle alten Apps voreingestellt ist hier die unbedingt interne Installation.

Das ist mehr als verständlich: Eine App, die auf der SD-Karte installiert ist, verliert unvermittelt ihre reale Manifestation, wenn die SD-Karte ausgeworfen wird oder das N1 via USB als Massenspeicher an einen Computer angeschlossen wird. Die meisten Alt-Apps sind dafür schlichtweg nicht ausgelegt, lassen sich also auch nicht auf die SD-Karte verschieben.

Hier sind also die Entwickler in der Bringschuld, ihre Apps baldmöglichst fit für die Installation auf SD-Karte zu machen. Dies dürfte sicher nur eine Frage der Zeit sein.

D. WLAN-Tethering

Die Weitergabe der bestehenden 2G/3G-Datenverbindung, bei der das N1 einen WLAN-Accesspoint mimt (z.B. für ein iPad WiFi oder andere WLAN-Clients, z.B. Laptops ohne eigenes UMTS), ist nun direkt serienmäßig mit an Bord – Root-Rechte sind dazu nicht erforderlich.

Unterstützt wird dabei unverschlüsselte Übertragung und WPA2 PSK. – Punktabzug: Per Default ist die Verschlüsselung deaktiviert.

E. Flash 10.1 Beta

Ist Android 2.2 installiert, lässt sich die Beta-Version von Adobes Flash-Player 10.1 aus dem Marketplace nachinstallieren.

Erste eigene Tests zeigten, dass längst nicht jedes Flash-Applet aus dem Stand heraus sauber funktioniert – und nicht nur diejenigen, die auf Mouseover-Effekte setzen, sondern hier und da auch solche, die für frühere Flash-Versionen entwickelt wurden. Mehr Details kann ich derzeit noch nicht geben, aber ich bleibe dran.

F. Offizielle Twitter-Applikation

Die Debatte um den besten Twitter-Client für Android ist hitzig und ungebrochen. Immerhin ist nun wie schon zuvor für Facebook ein Standard-Client direkt an Board, der zwar nicht alles, aber immerhin allerhand kann.

2. Komfort-Verbesserungen

A. Linkshändermodus

Der Lagesensor beherrschte in Android 2.1 neben der normalen Hochkant-Darstellung nur die Quer-Darstellung, bei der das N1 gegen den Uhrzeigersinn nach links gedreht war – die Sensortasten befanden sich dann rechts, passend für Rechtshänder.

Nun endlich funktioniert auch umgekehrte Lage, also die Drehung mit dem Uhrzeigersinn nach rechts – Linkshänder werden dies in Hinblick auf die dann links befindlichen Sensortasten danken.

B. Telefon- und Browser-Shortcut

Die Suche nach den Shortcuts zum Aufruf der Telefonfunktion und des Browsers ist Geschichte, man kann sie sich sogar komplett sparen: Sie befinden sich nun allgegenwärtig am unteren Ende jedes Homescreens.

C. Physikeffekte

Die vom iPhone/iPod/iPad bekannten, mitunter als überflüssiges Gimmick verspotteten, in der Praxis aber ungemein usability-dienlichen „virtuellen Physikeffekte“ wurden hier und da nachgerüstet oder finegetunt.

  • Am augenfälligsten ist dies beim Wechsel der Homescreens per Fingerwisch, der nun stimmiger wirkt – auch beim Zurückschnappen.
  • Den vermissten Gummiband-Effekt am oberen und unteren Ende von Listen findet man leider nur sehr selten, aber z.B. in der App-Gesamtliste.
  • Der Pinch-Zoom mit zwei Fingern im Browser, in Maps & Co. wirkt jetzt direkter, der realen Fingerbewegung angemessener.
  • Schade: Der Doppeltipp im Browser zoomt immer noch nur auf die korrekte Größe für die Horizontaldarstellung. In regulärer, vertikaler Haltung „verzoomt“ sich diese nützliche Funktion weiterhin, der Ausschnitt ist zu groß und passt horizontal nicht auf das Display.

D. Marketplace und Autoupdate

Die Darstellung der herunterladbaren Apps im Marketplace wirkt aufgeräumter, darüber hinaus gibt es ein paar kleine Neuerungen, vor allem beim Bewerten und Kommentieren von Apps.

Und: Apps können sich auf Wunsch ab sofort automatisch ohne vorherigen Hinweis eigenmächtig updaten. Glücklicherweise kann man dieses von manchem sicher nicht gewünschte Feature für jede Applikation einzeln einstellen, und per Default ist dies abgeschaltet.

E. Detailverbesserungen in diversen Apps

Diverse Apps sind um einige Features reicher.

  • Die Kamera-App bietet bequemen Direktzugriff auf diverse Fotoparameter wie Digitalzoom, Blitz, Weißabgeich, Geotagging und Autofokus – horizontal wie vertikal.
  • Die integrierten Clients für Facebook und Twitter können auf Wunsch direkt die Kontaktdatenbank mit der jeweiligen Freundesliste synchronisieren.
  • Das Test-Panel (*#*4636#*#* bzw. *#*#INFO#*#*) kennt nun einen zusätzlichen Punkt „Wifi Informationen“ mit diversen Funktionen.

… Und sicher vieles andere mehr, was ich in den ersten 36 Stunden mit Android 2.2 noch gar nicht gefunden habe.


Einige wenige Apps verweigerten unter 2.2 den Dienst, aber z.B. Seesmic (Twitter), ChompSMS und Meridian(MP3) haben bereits Kompatiblitäts-Updates nachgeschoben. Es wird also sicher nur eine Frage der Zeit sein, bis alles wieder vollkomen reibungslos wie ein Uhrwerk läuft.

Angesichts der vielen tollen Neuerungen wollen wir also hoffen, dass die (noch) recht selten anzutreffenden Google Nexus One Smartphones nicht allzu lange allein mit Android 2.2 bleiben. HTC hat das Update für das nahezu baugeiche, aber mit einer anderen Homescreen-Oberfläche versehene „Desire“ bereits angekündigt, ebenso Motorola für das „Milestone“ – aber ein genaues Datum dafür fehlt jeweils noch.

4 Kommentare.

  1. Uh-oh …

    „Google hat diese Datei inzwischen vom Server entfernt; laut Medienberichten handelt es sich um eine fehlerbehaftete Vorabversion, die nur für Entwickler gedacht war. Tatsächlich berichten einige Anwender von Fehlern wie einer verkürzten Akkulaufzeit.“ (sagt http://www.heise.de/newsticker/meldung/Android-2-2-Froyo-auf-dem-Nexus-One-Update-1005905.html)

  2. „Erste Anwender berichten über die Froyo-Version mit der Bezeichnung FRF50, dass sie den Akku zu schnell leer saugt, keine kopiergeschützte Software im Android Market anzeigt und dass die Sprachsteuerung nicht mehr funktioniert. Dafür bekommt man aber ein neues Betriebssystem, das bis zu fünf Mal schneller ist und die Installation des Flash Player 10.1 erlaubt. Die Verwendung der verfrühten Version erfolgt auf eigene Gefahr. Wer die Installationsdatei nicht rechtzeitig heruntergeladen hat, der muss sie jetzt im Internet suchen. In Googles Suchmaschine lassen sich mehrere Websites finden, die Kopien anbieten. Die Firma hat jetzt auch bestätigt, dass ihr Update nur für eine begrenzte Gruppe von Testern gedacht war.“

    (sagt: http://www.areamobile.de/news/15409-android-2-2-fuer-nexus-one-erstes-froyo-update-fuer-google-handy-war-eine-panne )

  3. Besonders Interessant finde ich auch das neue Feature C2DM.

    http://code.google.com/intl/de-DE/android/c2dm/index.html

    Mit C2DM wird es möglich von Internetservern kleine Nachrichten zu einer App zu schicken. Besonders genial, die App muss dafür nicht mal laufen. Endlich Schluss mit „Dauerpolling“ und Apps immer im Hintergrund laufen haben zu müssen.